Bekanntermaßen lassen bestimmte Teile der CDU in Göttingen kaum eine Gelegenheit aus, ihre Abneigung gegen das Juzi im Allgemeinen, gegen die Besucher*innen oder wie jetzt wieder gegen dort stattfindende Veranstaltungen zum Ausdruck zu bringen. Anlass ihrer jüngsten Kampagne ist ein Antrag auf Fördermittel zur poltisch-kulturellen Jugendarbeit. Die CDU Ratsfraktion hetzt nicht nur in einer Pressemitteilung gegen das Juzi, sondern auf Betreiben der CDU hin, wurde bei der vergangenen Sitzung des Jugendhilfeausschusses die Entscheidung über die Vergabe der Fördermittel für die politisch-kulturelle Jugendarbeit vertagt. Aus diesem Topf hatten in diesem Jahr neben dem Juzi auch der CVJM und das Frauen- und Mädchenprojekt Kore Gelder beantragt. Dank der CDU müssen jetzt alle drei Vereine, obwohl es schon Ende Juni ist, weiter auf die Bewilligung der Gelder für ihre Projekte warten.

Als Juzi verstehen wir uns als Experimentierfeld für eine hierarchiefreie Art der gesellschaftlichen Organisierung. Daher entscheiden wir gemeinsam und im Konsens darüber, welche Veranstaltungen wann stattfinden. Das gilt auch für alle im Rahmen der politisch-kulturellen Jugendarbeit beantragten Veranstaltungen, die dementsprechend direkte Wünsche von uns Jugendlichen im Haus widerspiegeln. Unseren Wünschen und Bedürfnissen entspricht es, sich unter anderem zu antifaschistischen Themen zu informieren und auch selbst aktiv zu werden. Darum hat die politische Arbeit einen besonderen Stellenwert im Juzi.

Es gibt auch einen historischen Hintergrund: Ende der 1980er/Anfang der 90er-Jahre kam es in Göttingen zu einer Eskalation von rechtsextremer Gewalt. Den schrecklichen Höhepunkt dieser Eskalation bildeten zwei Todesfälle: 1989 wurde Conny, als sie auf der Straße gegen Neonazis aktiv wurde, von der Polizei in den offenen Straßenverkehr und damit in den Tod getrieben. Silvester 1991 wurde Alexander in Rosdorf von Neonazis ermordet. Seitdem wird antifaschistische Jugendarbeit mit dem Topf für politisch-kulturelle Jugendarbeit durch die Stadt gefördert.

Antifaschismus ist immer noch aktuell: Das zeigen die brutalen Überfälle durch eine Göttinger Nazi Clique in den letzten Monaten sowie die Hinrichtung des Kassler CDU Politikers und Regierungspräsidenten Walter Lübke durch mindestens einen, lange aktiven und gut vernetzten Neonazi. Rechtsextreme Gewalt ist kein Zufall, sondern die logische Konsequenz der menschenverachtenden Ideologie, die immer öfter zu hören ist und dadurch immer mehr Akzeptanz in der Gesellschaft findet.

Im Hinblick auf diese Entwicklungen erfüllt uns das Verhalten der CDU Fraktion mit Entsetzen und Unverständnis. Die CDU verkennt entweder die aktuelle Situation oder schließt sich bewusst rechtsextremen Erklärungsmustern an. Die Pressemitteilung der CDU ist jedenfalls in einem Ton gehalten, den wir bisher von neurechten Strömungen kennen: Da ist die Rede von “Kaderschmieden” und von “tumben Steuerzahlern, die noch an den Rechtsstaat glauben”. Damit bedient die CDU die altbekannte Theorie vom Zusammenbruch des Rechtsstaates, welche Rechtsextreme zur Selbstjustiz ermutigt. Die CDU scheint den staatlichen Strukturen offenbar so sehr zu misstrauen, dass ihr die regelmäßigen Prüfungen unserer Abrechnungen durch Stadtverwaltung, Finanzamt, Berufsgenossenschaft und Sozialversicherung nicht ausreichen. Sie verlangt, selbst auch noch Akteneinsicht zu nehmen und spricht so auch der Verwaltung ihr Misstrauen aus.

Obwohl antifaschistische Arbeit weiterhin von alarmierender Wichtigkeit ist, hält die CDU davon offensichtlich wenig. Genau wie in der Klimafrage können wir uns auch beim Thema Antifaschismus nicht auf die offizielle Politik verlassen. Stattdessen müssen wir politische Arbeit und Bildung, die ein besseres Leben für uns alle zum Ziel hat, weiterhin selbst in die Hand nehmen. Das allermindeste, was die Fraktionen im Stadtrat dabei tun können, ist, dieses Engagement von jungen Menschen zu fördern und nicht zu behindern. Antifaschistische Arbeit ist nicht nur Aufgabe selbstverwalteter Kleingruppen, sondern liegt in der Verantwortung der gesamten Gesellschaft.

Wir kämpfen gegen Neonazis – die CDU kämpft gegen uns.
Antifaschismus bleibt notwendig!

Juzi-KO vom 27.6.2019