Wir hassen es, heute hier zu sein.

Bitte versteht das nicht falsch. Es liegt nicht an euch. Ganz im Gegenteil, es ist toll, dass hier so viele Leute zusammen gegen Sozialkürzungen protestieren.

Wir hassen den Anlass und wir hassen die dahinterstehenden Prinzipien. Denn diese Prinzipien sind alte Bekannte, die immer wieder auftauchen.
Ob bei der Umgangsweise mit der Groner Landstraße 9 und der damit verbundenen krassen Repression oder dem Mitziehen bei der immer menschenfeindlicheren Politik gegenüber Geflüchteten. Das Verhalten der Stadt ist eine Frechheit und zeigt, dass ihr nicht am Wohl aller Menschen etwas liegt.

Aus ganz unterschiedlichen Gründen werden Menschen stigmatisiert und an den Rand der Gesellschaft gedrückt. Ihre Bedürfnisse werden in der Folge als weniger relevant oder einfach nur als Kostenfaktor betrachtet. Und klar, wird bei diesen Menschen und den sie unterstützenden Strukturen als erstes gespart. Das zeigt auch das aktuelle Haushaltssicherungskonzept. Die geplanten Kürzungen finden überwiegend in Bereichen statt, die eh schon lange kaputtgespart werden. Es stellt die Interessen der ohnehin schon bevorteilten Menschen über Menschlichkeit.

Nicht nur im aktuellen Beispiel, sondern immer wieder, wenn es um die Begründung von Kürzungen geht, wird behauptet, es ginge um Sachzwänge. Es gäbe keine Alternative zu den Einsparungen. Damit wird gerechtfertigt, dass sehr unterschiedliche Parteien und „Einzelpersonen mit sehr viel Macht“ intransparente Abmachungen treffen. Es wird nicht mit Betroffenen gesprochen, sondern über sie entschieden. Sie werden nicht an dem Prozess beteiligt. Für eine angeblich höhere Effizienz werden Selbstbestimmung und Freiheit von Menschen weiter eingeschränkt und die ökologisch-nachhaltige Zukunft der Stadt aufs Spiel gesetzt.

Die zu Grunde liegenden autoritären Systeme, institutionalisierter Rassismus, Queerfeindlichkeit oder Ableismus sind dabei das kritiklose Übernehmen rechter Ideologien durch etablierte Parteien. Und es sind ganz bestimmt keine Grundelemente von Freiheit, Selbstbestimmung oder Ermächtigung einzelner Menschen.
Das Narrativ von Göttingen als antifaschistische Stadt wird mit den Absichten des Haushaltssicherungsplanes vollkommen ad absurdum geführt. Die etablierten Parteien ebnen den Weg für die erstarkende AFD. Wenn Häuser, wie beispielsweise das Juzi geschlossen werden, Häuser und Projekte in denen sich Jugendliche treffen und kreativ sein können, haben wir als “Gesellschaft” irgendwann dem Rechtsruck auch auf der Straße wenig entgegenzusetzen.

Dabei sind Räume, in denen selbstbestimmtes und kollektives Leben möglich gemacht werden, eine notwendige Grundlage für eine andere Gesellschaft. Eine Gesellschaft in der die Menschen in Freiheit leben können. Das Effektivste, was die Stadt gegen den Rechtsruck also tun könnte, wäre es selbstverwaltete Gruppen und Strukturen wie die unsere -das Juzi- zu unterstützen, anstatt sie zu bekämpfen.

Denn Selbstorganisation von Kultur, Musik oder politischen Veranstaltungen ist an sich schon ein antifaschistischer Ausdruck. So ist zum Beispiel bei der Durchführung eines Antifa-Konzertes nicht nur wichtig, was auf Stellwänden zum Thema zu lesen ist, sondern auch wie wir das ganze organisieren und damit unseren Antifaschismus erlebbar und nachvollziehbar machen. Die Art und Weise, wie wir die Gestaltung unserer Räume umsetzen, nämlich kollektiv und selbstbestimmt, ist an sich schon antifaschistisch. Dies kann und soll auch eine mögliche Perspektive für andere sein.

Auf Dauer können wir mit dem Problem nur fertigwerden, wenn jede Person sich selbst verantwortlich zeigt – grade angesichts der Rolle, die der Staat hierbei spielt.

Wir fordern den Kürzungsabsichten im sozialen und ökologischen Bereich eine Absage zu erteilen.
Wir fordern eine transparente Kommunikation mit allen Beteiligten und Betroffenen.

Seit nun mehr 42 Jahren leisten wir als Juzi unseren Anteil daran, dass Jugendliche in Göttingen notwendigen Raum bekommen und rechte menschenfeindliche Tendenzen in Göttingen bekämpft werden.
Juzi bleibt und alle anderen auch!
Für mehr selbstverwaltete Räume.
Keine Kürzungen bei Migrant*innen, der Antidiskriminierungsarbeit und der Jugend.