Text auf der Mailingliste von Schöner Leben Göttingen
No Exit im JuzI
Am 29.10.2010 soll die berliner Punkband “No Exit” im JuzI spielen. Veranstaltet wird das Konzert, wie so viele in Göttingen, von [Name entfernt]. Nach “Agnostic Front” will er mit “No Exit” zum 2. Mal in diesem Jahr eine Band nach Göttingen holen, die zu Recht in der Kritik steht. Die Punkband verkauft mindestens seit 2008 auf ihrer Homepage ein T-Shirt mit der Aufschrift “No Exit-Fans gegen Frauen” und eine Faust, die das “Venussymbol” zerschlägt (http://www.noexit-berlin.de/grafik/live/0048.jpg). Die vielfache Kritik in ihrem Gästebuch bleibt unbeantwortet, stattdessen posiert der Sänger in besagtem T-Shirt in der Fotogalerie. Auf Anfrage erfährt Mensch, dass es noch in zahlreichen Gröszen vorhanden sei, unterschrieben vom Sänger. Die Band trifft in dem Lied “Nicht PC” eine klare Aussage: “Wir sagen auch gerne ficken, weil wir sexistisch sind aber früher oder später verstehst du das auch mein Kind und ihr scheiß FeministInnen macht uns dafür an.”
“No Exit” bezeichnen sich selbst als Sexisten und fordern ihre Fans zu Frauenfeindlichkeit auf. Solche Bands gehören nicht in einen emanzipatorischen Freiraum wie das JuzI! Jeder potentielle Veranstalter muss vor dem Konzertplenum nachweisen, dass die Band, die spielen soll weder rassistisches, faschistisches, homophobes noch sexistisches Gedankengut verbreitet. Dieses kann auch bei manchen VeranstalterInnen mehrer Wochen in Anspruch nehmen. Leider wird bei anderen nicht weiter geschaut. Wir fordern das JuzI auf das Konzert mit “No Exit” mit öffentlicher Stellungnahme abzusagen.
Sexismus wegrockern !!!
Text vom Juzi dazu: Für eine andere Kritik- und Diskussionskultur! Zum geplanten Auftritt von “No Exit” im Juzi
Liebe Personen hinter [emailadresse],
Wir haben uns über eure Kritik zum geplanten Auftritt der Band “No Exit” im Juzi gefreut.
Wir finden es grundsätzlich immer sinnvoll Kritik an sexistischem Verhaltensweisen, Vorfällen etc. und an anderer reaktionärer Scheiße zu üben, andere darüber in Kenntnis zu setzen und/oder aufzuklären.
Wir haben allerdings Kritik an der Art und Weise und dem Inhalt eurer Veröffentlichung.
Wir haben weder über Post, noch über E-Mail eine Nachricht von Euch erhalten. Auf der letzten Vollversammlung ist auch kein Mensch aufgetaucht, um die formulierte Kritik zu äußern. Wir sind uns darüber bewusst, dass aus welchen Gründen auch immer nicht alle Menschen direkt vor dem Juzi KO/Plenum Kritik üben möchten, können oder wollen. In solchen Fällen habt ihr aber immer die Möglichkeit uns über E-Mail, per Brief oder über eine Vertrauensperson zu kontaktieren.
Wir fragen uns deshalb, warum ihr den Text zwar über die Mailingliste von SchönerLeben, an Monsters of Göttingen und Goest schickt und in der GöDru veröffentlicht, aber nicht direkt an uns sendet. Euch scheint die öffentliche Aufregung wichtiger zu sein, als das Informieren des Veranstaltungsortes und der Veranstalter_innen. Anders können wir das so nicht deuten.
Ähnliches gilt auch für Monsters of Göttingen, wo eine Artikelüberschrift auf Bildzeitungsniveau und Diskussionen in der Kommentarspalte nur zu einer undifferenzierten Stimmungsmache ohne gründliche Recherche beitragen können.
So werden vorschnellen, öffentlichen Spekulationen, wie sich denn jetzt das JuzI dazu verhalten wird, Tür und Tor geöffnet. Kollektive und Vollversammlungen wie im JuzI werden so schon vor der ernsthaften Auseinandersetzung mit einem Thema in eine bestimmte Ecke gedrängt und unter Druck gesetzt.
Nun zur inhaltlichen Kritik an eurem Schreiben zu “No Exit” (siehe SchoenerLeben Mail und dem Gödru Artikel):
Eure Kritik beinhaltet gleich mehrere Punkte die inhaltlich schlicht falsch sind.
- Ihr schreibt, dass die Band “zurecht in der Kritik steht” und bezieht euch damit zur Unterstützung eurer Argumentation auf eine angeblich laufende Diskussion um die Band. Wo bitte habt ihr diese Kritik gefunden? Eine irgendwo öffentlich geführte Diskussion ist uns nicht bekannt und auch nicht auffindbar.
- Das von Euch angesprochene Scheiß-T-Shirt (gegen Frauen) wird im Online-Shop auf der Seite von “No Exit” nicht angeboten.
- Das Konzert wird NICHT von einer Einzelperson oder dessen Promotionfirma veranstaltet, sondern von der Konzertgruppe II. Das ihr in diesem Zusammenhang den vollen Namen des vermeintlichen Veranstalters veröffentlicht habt, finden wir darüber hinaus absolut inakzeptabel.
- Das Konzertgruppen im Juzi im voraus den Nachweis erbringen müssen, dass eine Band “in Ordnung sei”, ist definitiv nicht gängige Praxis und entspricht nicht unserem Selbstverständnis: Menschen die im Juzi Konzerte veranstalten, sind zunächst selber dafür verantwortlich, dass die Bands sorgfältig ausgewählt werden. Zu Diskussionen (auch zu langen) kommt es erst, wenn es Kritik an einer Band gibt. Manchmal bringen die Veranstalter_innen diese Kritik selbst ein und fragen ob diese oder jene Band wohl OK ist, manchmal kommt Kritik von anderen Leuten.
- Das oben beschriebene Prozedere gilt für alle. Eine von euch unterstellte Sonderrolle für Konzertgruppe II gibt es nicht.
In eurer Aufforderung nach einem Auftrittsverbot nehmt ihr Bezug auf einen Songtext der Band. Wir fragen uns allerdings, warum ausschließlich wenige Zeilen aus dem Lied “Nicht PC” zitiert werden, ohne dessen weiteren Kontext anzugeben? Die verkürzte Betrachtung dieses speziellen Textes macht es nicht möglich eine Diskussion um Grenzen von Ironie und Provokation zu führen, was aber zumindest angebracht erscheint, bei der Betrachtung des gesamten Songtextes. Wir hätten uns hier deutlich mehr inhaltliche Auseinandersetzung und Gehalt gewünscht.
Viel wichtiger wäre es gewesen sich auch mal die anderen Texte genauer anzusehen und zu benennen – denn nur so kann das von euch gezeichnete Bild der Band “No Exit” klar und nachvollziehbar werden. In zahlreichen Liedern (ich liebe dich; kein maedchen; maedchen zwei; partysong; sex, drugs & rock ‘ N ‘ roll; toll) werden Frauen auf ihr äußeres reduziert und als willenlose Spielzeuge von Männern dargestellt.
Wir sind der Meinung das diese Songtexte absolut sexistisch und verletzend sind bzw. so aufgefasst werden können. Dabei ist es für uns irrelevant ob die Texte tatsächlich ironisch gemeint sind oder nicht. Für uns ist in vielen dieser Texten die vermeintliche Ironie nicht eindeutig zu finden.
Auf Grundlage dieser Überlegungen haben wir auf dem Juzi-Plenum beschlossen, dass “No Exit” nichts auf der Bühne im Juzi verloren haben und also auch nicht am 29.10.2010 auftreten werden.
Abschließend noch einmal der Hinweis:
Falls euch an einer Diskussion über die Konzerte im Juzi im allgemeinen und besonderen gelegen ist, könnt ihr gerne vorbeikommen oder euch auch per E-Mail bei uns melden. Erwartet aber bitte nicht, das wir solche Diskussionen auf offenen Mailinglisten oder gar in der Kommentarspalte von Monsters of Göttingen führen. Auf sowas haben wir, und wir glauben auch viele andere linke Gruppen und Kollektive gar keine Lust.
Juzi-Plenum, Oktober 2010
Reaktion von “No Exit” auf die Konzert-Absage
Liebe freunde vom JUZI-Plenum,
da ihr je heute über uns befinden werdet, fühle ich mich zu folgendem OFFENEN Brief genötigt. Die Songs, die von euch als “sexistisch” bezeichnet werden, sind tatsächlich ironisch gemeint & zielen meiner Meinung nach eher in die andere Richtung. Wir als Band fühlen uns durch solche Aktionen, wie die von euch, diskriminiert, weil wir uns immer wieder für solche Unterstellungen rechtfertigen müssen.
Wer uns kennt, weiß, daß wir alles anderde als sexistisch sind & wenn ihr eine ganze Show von 2 (uralten) Songs abhängig macht, tut uns das für den Rest der JUZI-Besucher leid, die uns gerne gesehen hätten. Für Leute, die keinen Spass verstehen oder sich nicht mit bestimmten Dingen auseinandersetzen wollen hätte ich den Musiktip “Nicht PC” von No Exit! & auch dieser Song ist ironisch gemeint!
Ich hoffe, ihr seid so cool & hängt den Brief auch wirklich so hin, daß JEDER JUZI-Besucher ihn lesen kann, damit es hinterher nicht irgendwelches falsches Gerede über No Exit gibt!!! Wir haben keine Lust mehr auf Unterstellungen & den Zwang, uns immer wieder für solchen Mist rechtfertigen zu müssen!
Schade, wir hätten gerne bei euch gespielt.
Antifaschistische Grüße
Rio & No Exit